Projekt des Monats Juli: MUT zu REDEN – TOUR 2019
Mit dem Fahrrad durch Norddeutschland touren und als junge Botschafter ein Zeichen setzen – das war das Ziel von Mark und Merlin. Als Mutmacher möchten die beiden 14-jährigen Schüler möglichst viele Menschen dazu auffordern, über das sensible aber vor allem wichtige Thema „Depressionen“ zu sprechen.
Vom 8. Juli 2019 bis zum 13. Juli 2019 haben die beiden Schüler knapp 400 Kilometer zurückgelegt. Auf dem Weg von Goslar nach Rostock suchten sie in zehn Städten den öffentlichkeitswirksamen Dialog mit Journalisten, Experten und Betroffenen. Bei jedem Stopp haben sie eine Aktion organisiert, um Schlaglichter zu werfen und das Thema Depressionen aus der Tabu-Ecke holen.
Die Tour entstand aus dem ungewöhnlichen Bildungsprojekt „WORLD YOUTH EXPEDITION“ – 20.000 Euro hat die Kultur- und Sozialstiftung der Sparkasse Gifhorn-Wolfsburg finanziell für die breit angelegte Initiative beigesteuert, von der hunderte Schüler im Landkreis Gifhorn und Wolfsburg profitieren konnten. Die beiden Jungs Mark und Merlin sind als Sieger aus einem mehrstufigen Verfahren hervorgegangen und durften ihre persönliche „Expedition“ auch tatsächlich in die Tat umsetzen. Wir haben Sie nach der Tour befragt. Das ganze Interview gibt’s hier.
Stellt euch beide doch kurz einmal vor
Mark: Mein Name ist Mark Bialas. Ich komme aus Vorhop. In meiner Schule, die IGS Wittingen, bin ich im Schülerrat aktiv und auch Mitglied im Schulvorstand. Zu mir persönlich: Ich interessiere mich für Politik und Geschichte. In meiner Freizeit spiele ich gerne Computerspiele und bin für Mopeds der Marke Simson zu begeistern.
Merlin: Ich bin Merlin Beyer und in Emmen Zuhause. Mark und ich kennen uns von unserer Schule und ich bin dort auch im Schülerrat tätig. In meinem Dorf bin ich Mitglied im Schützenverein und im Musikzug. Außerdem interessiere ich mich für Computerspiele, Schießsport sowie Animes (japanische Zeichentrickfilme) und Mangas (japanische Comics).
Euer Projekt ist für euer Alter eher untypisch. Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Mark: Auslöser für das Projekt war ein Vortag des Extremsportlers Joachim Franz an unserer Schule zum Thema „Entdecke deine Möglichkeiten“. Wir waren begeistert und fanden Joachim sowie das, wofür er steht, einfach total cool. Nach dem Vortrag hatten wir die Möglichkeit, uns für den „Campus“, eine Art Workshop, zu bewerben. Dieser Campus soll jungen Menschen die Möglichkeit geben, eine Idee für ein humanitäres Projekt zu entwickeln.
Merlin: Der Vorschlag für unser Thema kam von mir. Ein Projekt ins Leben zu rufen, mit dem man Menschen, die an Depressionen leiden, helfen kann. Für mich war dieses Thema wichtig, weil ich in meiner Familie Erfahrungen mit Depressionen und Suizidversuchen sammeln musste. Leider gab es auch in Marks Familie Suizide. Wir entschlossen uns also zu zweit – als Team – ein solches Projekt zu entwickeln.
Mark: Es ist für viele auch ein sehr schwerer Schritt, sich ärztliche Hilfe zu holen. Uns ist klar, dass wir mit dieser Tour Depressionen nicht einfach wegzaubern können. Das einzige was hilft, ist die therapeutische Behandlung. Uns ist wichtig, dass die Menschen den Mut finden, sich behandeln zu lassen, damit am Ende der Depression nicht der Selbstmord steht. Wir wünschen niemandem, dass er erleben muss, was wir erleben mussten. Deshalb ist es wichtig den Mut zu finden, darüber zu sprechen und sich Hilfe zu suchen.
Was wollt ihr mit eurer Tour bewirken?
Merlin: Wir möchten in erster Linie Aufmerksamkeit auf das Thema Depression lenken und die Menschen dazu anregen, miteinander darüber zu sprechen. Davon erhoffen wir uns, dass das Thema aus der Tabu-Ecke herausgeholt wird. Aus unserer eigenen Erfahrung können wir sagen, dass Menschen, die an dieser Krankheit leiden, sich oft dafür schämen und Angst davor haben, mit anderen Menschen darüber zu sprechen.
Mark: Es ist für viele auch ein sehr schwerer Schritt, sich ärztliche Hilfe zu holen. Aber nur diese hilft gegen Depressionen. Uns ist klar, dass wir mit dieser Tour Depressionen nicht einfach wegzaubern können. Das einzige was hilft, ist die therapeutische Behandlung. Uns ist wichtig, dass die Menschen den Mut finden, sich behandeln zu lassen, damit am Ende der Depression nicht der Selbstmord steht. Wir wünschen niemandem, dass er erleben muss, was wir erleben mussten. Deshalb ist es wichtig den Mut zu finden, darüber zu sprechen und sich ärztliche Hilfe zu suchen.
Ihr habt alles selbst organisiert und auf die Beine gestellt. Wie lief denn die Planung ab?
Merlin: Wir haben nach den Herbstferien 2018 begonnen. Wir hatten während der gesamten Planung die Unterstützung des Vereins WORLD YOUTH EXPEDITION. So sind wir mit erfahrenen Menschen in Kontakt gekommen, die schon viele Expeditionen selbst geplant und durchgeführt haben. Ihre Erfahrungen waren für uns wertvolle Bausteine, um unser eigenes Projekt zu entwickeln. Man braucht für ein solches Projekt viele verschiedene Dinge. Als Plattform sollte man sich ein Netzwerk aus Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Kontakten aufbauen. Dieses Netzwerk war schon durch die WORLD YOUTH EXPEDITION gegeben. Ein Team, auf das man sich verlassen kann, ist für so ein Vorhaben von unschätzbarem Wert.
Mark: Ja, genau. Man braucht z.B. auch jemanden, der ein Begleitfahrzeug fährt, damit man im Ernstfall nicht mit dem Fahrrad irgendwo im Nirgendwo steht und niemanden zur Hilfe rufen kann. Weiterhin brauchten wir Kontakte zu Städten, in denen wir Aktionen durchführen wollten. Eine andere wichtige Sache sind finanzielle Unterstützer. Ohne die Firmen, die uns unterstützt haben, hätten wir Probleme bei der Finanzierung von Unterkünften, der Verpflegung für das Tour-Team und dem Mieten unseres Begleitfahrzeugs gehabt. Die Planungen haben ca. ein halbes Jahr gedauert. Das war aber auch ein sehr sportlicher Zeitraum. Wir würden jedem raten, der ein ähnliches Projekt starten möchte, etwa ein Jahr für die Planungen vorzusehen.
Ihr habt unterwegs Aktionen durchgeführt. Was habt ihr gemacht und was habt ihr dabei erlebt?
Mark: Wir haben in unseren Etappenorten zwei Arten von Aktionen durchgeführt. Zum einen Pressetermine und zum anderen so genannte Roundtables. Bei diesen Gesprächen konnten wir uns mit Politikern, Ärzten und Betroffenen austauschen. Beide Aktionen sind für uns gleich wertvoll. Wir haben durch die Termine viele prägende Erfahrungen und Eindrücke sammeln können. Dabei war jeder einzigartig und hat uns jeweils besondere Erkenntnisse vermittelt.
Merlin: Wir haben zum Beispiel schnell gemerkt, dass wir mit unseren Erlebnissen zum Thema Depressionen und Suizid nicht allein sind und dass es viele Menschen gibt, die das Projekt „MUT zu REDEN Tour 2019“ gut finden. Viele möchten – wie wir – das Thema aus der Tabu-Ecke holen.
Hattet ihr einen speziellen, besonderen Moment oder ein Highlight auf der Tour?
Merlin: Es gab viele prägende Momente, die wir erlebt haben. Wir möchten uns da nicht auf ein bestimmtes Highlight festlegen, da jede Aktion, jedes Gespräch und jeder Kilometer auf dem Fahrrad ein Highlight für sich waren.
Rückblickend – Würdet ihr alles beim nächsten Mal genau so wieder machen?
Mark: Nein, nicht alles. Wir würden uns auf jeden Fall mehr Zeit für die Planung nehmen. Auch würden wir unseren Zeitplan mit mehr Pausenzeiten ausstatten und noch stärker den Kontakt mit den Städten und Selbsthilfeorganisationen suchen. Aber wenn wir uns nochmal entscheiden könnten, ob wir das Projekt machen, würden wir es wieder tun. Die WORLD YOUTH EXPEDITION hat uns zwar immer unterstützt, aber es ist immer unser Projekt geblieben. Das bedeutet, dass wir die Freiheit hatten und haben, unsere eigenen Fehler zu machen. Dies ist wichtig, um daraus zu lernen und trotzdem immer jemanden zu haben, der uns hilft, wenn etwas absolut schief zu gehen droht.
Wie geht es nun nach Ende eurer Tour weiter?
Merlin: Wir sind bei Instagram mit einem eigenen Account registriert: mutzuredentour2019. Dort haben wir jeden einzelnen Tag unserer Tour mit Bildern und Videos dokumentiert. Wer unser Projekt interessant findet, sollte hier auf jeden Fall mal vorbei schauen.
Mark: Nur weil die Tour vorbei ist, heißt das nicht, dass das Projekt aufhört. Wir möchten mit dem, was wir getan haben, andere Menschen inspirieren, selbst aktiv zu werden und Projekte zu starten. Um über Depressionen zu reden, braucht es Mut. Es gibt aber auch viele andere Dinge, die ein Tabu-Thema sind und nicht mehr totgeschwiegen werden sollten. Jeder kann etwas bewegen, jeder kann die Welt und die Gesellschaft verändern! Ganz nach dem Prinzip von Joachim Franz: „Be your own hero“
VIELEN DANK an euch, Mark und Merlin, für dieses Interview. Ein wichtiges Projekt, das ihr da auf die Beine gestellt habt. Wir sagen „Hut ab“ und Respekt für euren Mut und eure Leistung.
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